1500 Demonstranten gegen Rechtsextremismus singen die Nationalhymne
Am Samstag wurde vor der Sieber-Halle und in der Sinsheimer Innenstadt demonstriert.
Sinsheim. Rund 1500 Menschen demonstrierten am Samstagvormittag im Rahmen der Sinsheimer „Woche für Demokratie und Toleranz“ gegen Hass und Hetze. Die Kundgebung begann vor der Sieber-Halle und bewegte sich anschließend durch die Innenstadt und wieder zurück zum Ausgangspunkt. Nach dem zweiten Teil der Reden sangen die Demonstranten gemeinsam die Deutsche Nationalhymne.
Aufgerufen zu dieser Kundgebung hatten mehrere Unterzeichner unter dem Motto „Sinsheim ist bunt“: der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Sinsheimer Arbeitsgemeinschaft Migration, das Sinsheimer Bündnis für Toleranz sowie Gemeinderatsfraktionen und die Landtagsabgeordneten Hermino Katzenstein (Grüne), Jan-Peter Röderer (SPD), Albrecht Schütte (CDU) sowie Jens Brandenburg (FDP). Auch SPD-Bundestagsmitglied Lars Castellucci war vor Ort.
Die friedliche Demonstration wurde angeführt von Schuldekanin Jutta Stier. Während des Marsches durch die Allee, die Bahnhofstraße sowie am Karlsplatz vorbei wurden Parolen „gegen rechts“ skandiert. Die Polizei regelte den Verkehr entlang der Friedrichstraße.
Das sagten die Redner bei den beiden Kundgebungen:
> Jens Töniges, Vorsitzender der „Freunde Sinsheimer Geschichte“, erinnerte an die NS-Zeit, als auch 43 Sinsheimer Bürgerinnen und Bürger im Holocaust von Nazis ermordet worden seien. Er erinnerte auch an die Zerstörung der Synagogen in Deutschland: „Dieser Zivilisationsbruch mit seinen Abermillionen Opfern ist verbunden mit dem Namen unseres Landes“. Töniges rief: „Nie wieder Hass, Rassismus, übertriebener Nationalismus oder Verfolgung – nie wieder in dieser unserer Stadt.“ Das Grundgesetz, Freiheit und die Würde eines jeden Menschen im Land gelte es, heute zu verteidigen.
> Marcel Fink, Vorsitzender der Sinsheimer Arbeitsgemeinschaft Migration, betonte: „Wir setzen uns seit 20 Jahren ein für Menschenrechte, Vielfalt und Integration.“ Von Anfang sei der Verein mit Anfeindungen rechter Gesinnung konfrontiert gewesen: „Die Menschen, die wir betreuen, fühlen sich total verunsichert. Sie sehen ihre Zukunft im Land bedroht. Das macht mir Angst.“ Er rief dazu auf, „gegen die Verrohung der Gesellschaft“ vorzugehen. „Nein zu Menschenfeindlichkeit“, rief Fink.
> Oberbürgermeister Jörg Albrecht sagte: „Ich hätte nie geglaubt, dass in unserem Land etwas so gewaltig schief läuft und wir dagegen auf die Straße gehen müssen.“ Albrecht sagte: „Wir brauchen keine Alternative in Deutschland.“
Harald Blum, Mitglied im Bündnis für Toleranz, fungierte bei der Kundgebung als Moderator der Reden, die auf einem Traktoranhänger vor der Dr. Sieber Halle gehalten wurden.
> Jens Brandenburg (FDP) sagte, er halte es für „großartig, dass so viele Menschen auf die Straße gehen für Demokratie, Menschenrechte und Vielfalt in unserem Land.“ Es dürfe nicht passieren, dass Rechtsextremisten „unser Land an die Wand fahren.“ Niemand solle sagen, er habe „nicht gewusst, was passiert.“ Vielmehr gelte es, sich einzusetzen für die Vielfalt und „den besten Staat, den es auf deutschem Boden je gegeben hat.“
> Hermino Katzenstein (Grüne) bekräftigte: „Es ist gut und wichtig, dass wir heute hier stehen, dass wir aufrecht stehen, aber das reicht nicht.“ Unisono lautete der Aufruf an die Versammelten, bei den Kommunalwahlen am 9. Juni den demokratischen Parteien ihr Kreuz zu schenken.
> Albrecht Schütte (CDU) forderte dazu auf, „jetzt aufzustehen gegen die Diktatur. Man kann sie nur bekämpfen, bevor sie entsteht.“ Er verdeutlichte: „Es gibt keine Ausrede, rechtsradikal zu wählen.“ Die Auswahl der demokratischen Parteien sei „groß genug“. Den Vorfahren habe man heute einiges voraus: „Wir wissen, was nach 1933 passiert ist“, rief Schütte.
> Jan-Peter Röderer (SPD) bekannte, es sei schön zu sehen, „dass so viele Menschen lauter sind als die, welche die ganze Zeit behaupten, sie seien die Mehrheit.“ Diejenigen, die „Remigration“ forderten, die „in geheimen Treffen schreckliche Pläne“ schmiedeten, hätten keine Mehrheit und seien wohlgemerkt nicht „das Volk.“ Es gelte, „weltoffen“ auch in Zukunft gut zusammen zu leben: Wir sind der Beweis: Wir sind viel mehr“.
> Lars Castellucci (SPD) apellierte, dafür einzutreten, dass „so etwas (wie in der Nazizeit) nie wieder geschieht“. Es gelte, „nie wieder wegzuschauen.“
RNZ Samstag, 10. Februar 2024